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Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)

TDM = Bestimmung von Medikamentenspiegeln (Therapeutic Drug Monitoring)

Klinische Relevanz

  • Individuelle Dosisanpassung mit dem Ziel optimaler Wirkspiegel
  • Unterversorgung / Überdosierung können systematisch vermieden werden
  • Auffällige Befunde können Anlass für einen Wechsel des Wirkstoffes oder Präparates, für eine Umstellung ungünstiger Medikamentenkombinationen oder für eine pharmakogenetische Abklärung sein.
  • Weitere Relevanz je nach Wirksubstanz/Gabeform


Hintergrund

Das Therapeutische Drug Monitoring (TDM) ist die Bestimmung von Konzentrationen (Spiegel) von therapeutisch verabreichten Substanzen (Arzneimitteln) in humanem Körpermaterial, meist Blut bzw. Serum oder Plasma. Neben der Konzentrationsermittlung beinhaltet der Begriff auch die Interpretation des Ergebnisses, z.B. in Form eines Vergleichs des Messwertes mit einem therapeutischen Referenzbereich.

Die Kenntnis von Medikamentenspiegeln, sofern korrekt bestimmt und richtig interpretiert, verbessert die Patientenversorgung und ist daher zunehmend obligat.

 

Insbesondere folgende Patientengruppen profitieren stark vom TDM

  • Chronisch Pharmakotherapierte wie Epileptiker, Transplantat-Empfänger, HIV- und andere antiviral behandelte Patienten, Mukoviszidose-Patienten und Patienten unter Psychopharmaka-Therapie.
  • Generell Kinder und Neugeborene (auch bei Behandlung der Mutter!)
  • Alle Patienten mit einer kritischen Erkrankung innerer Organe, insbes. mit verminderter Leber-/Nierenfunktion, d.h. alle ab dem 70. Lebensjahr.

Mit dem TDM wird nicht “nur“ die Compliance des Patienten geprüft. Auch Faktoren wie Leber- und Nierenfunktion, Ko-Medikation, Pharmakogenetik und andere Faktoren der Individualität eines Patienten beeinflussen den Messwert, der als Wirkspiegel essentiell für eine erfolgreiche Pharmakotherapie ist.

 

Therapeutischer (Referenz)Bereich

Der Konzentrationsbereich, bei dem bei der Mehrzahl der Patienten zu erwarten ist, dass ohne inakzeptable Intoxikationen der gewünschte therapeutische Effekt eintritt, wird als therapeutischer Bereich bezeichnet. Im Einzelfall können auch andere Spiegel den besten therapeutischen Effekt bewirken, sei es durch Pharmako-Interaktionen (bei Polypharmakotherapie) und/oder durch individuelle genetische oder erworbene Besonderheiten des Patienten (individuelle patientenorientierte Therapie).

 

Talspiegel im Steady State oder Spitzenspiegel

Bei den meisten Wirkstoffen und klinischen Fragestellungen ist es Konsens, die Konzentration (den Spiegel) zum Zeitpunkt der minimalen Blutkonzentration, d.h. unmittelbar vor der nächsten Gabe zu messen (d.h. den Talspiegel, englisch: trough level). Bei einigen Medikamenten, insbes. bei solchen mit kurzer Halbwertszeit, engem therapeutischen Bereich und/oder starken toxischen Effekten, werden zusätzlich Maximalspiegel zu definierten Abnahmezeitpunkten bestimmt, z.B. für Cyclosporin. Vor allem bei der Bestimmung von Maximalspiegeln muss der Abnahmezeitpunkt genau eingehalten werden, da es sonst zu falschen therapeutischen Entscheidungen kommen kann.

Kumulationsgleichgewicht (Steady State): Die Blutentnahme sollte bei einer Dauertherapie i.d.R.* erst dann erfolgen, wenn sich im Körper ein pharmakologisches Gleichgewicht (Steady State, SS) eingestellt hat, d.h. wenn Resorption und Elimination gleich schnell ablaufen. Nach Medikationsbeginn und auch nach jeder Dosis-Änderung müssen mindestens 4-5 Halbwertszeiten vergangen sein, bis dieser Zustand erreicht ist.

*: Ausnahme sind Medikamente, die in hohen Ladungsdosen verabreicht werden, z.B. Amiodaron, Digoxin, Cyclosporin - hier ist es sinnvoll frühzeitig Spiegel zu bestimmen, um toxische Konzentrationen rechtzeitig zu erkennen und ggf. die Dosis zu senken (Eine frühzeitige Erhöhung der Dosis sollte dagegen vermieden werden!).

Spitzenspiegel / Maximalspiegel (Cmax) bei kurzer Halbwertszeit: Einige Medikamente besitzen eine derart kurze Halbwertszeit, dass nur die Bestimmung des Spitzenspiegels aussagekräftig ist. Die Bestimmung eines Talspiegels ist dann im Allgemeinen nicht sinnvoll. Beispiele sind Isoniazid und Rifampicin - hier sollte die Blutentnahme stets 1-2 Stunden nach Gabe erfolgen. Der therapeutische Bereich bezieht sich bei solchen Medikamenten auf den Maximalspiegel.

 

Praktische Bedeutung von Metaboliten

Das Verhältnis Gabeform zu Metabolit hat - je nach Medikament - eine bestimmte Größe. Abweichungen von diesem Erwartungswert deuten z.B. auf einen falschen Blutabnahmezeitpunkt oder auf klinisch relevante Interaktionen hin (siehe unten: Interaktionen). Bei einigen Wirkstoffen gelten je nach Gabeform unterschiedliche Referenzbereiche.

 

Besondere Anlässe für das TDM

Angaben wie z.B. "Verdacht auf Nichteinnahme“, "Verdacht auf Überdosierung" oder "Maximalspiegel-Bestimmung" sind für eine rasche und richtige Bearbeitung der Proben von großer Bedeutung und sollten daher auf dem Auftragsschein stets mit angegeben werden.

 

Warnhinweis:
Im Einzelfall (bestimmter Wirkstoff, bestimmte Gabeform, bestimmter individueller Patient) können immer Abweichungen von den beschriebenen allgemeinen Prinzipien bzw. Vorgehensweisen notwendig sein!

Einige Wirkstoffe, auch solche für die ein TDM durchgeführt wird, wie Valproat/Valproinsäure, Topiramat, Methylphenidat, Methotrexat u.a. sind teratogen, d.h. können zur Entstehung von angeborenen Fehlbildungen und anderen Störungen führen. Um diese Risiken der Therapie in der Schwangerschaft zu minimieren und das intrauterin exponierte Kind vor lebenslangen Folgen zu schützen, sind die über die Zulassungsbehörden erhältlichen Schulungsmaterialien zu beachten. Solche Materialien gibt es nicht für alle relevanten Wirkstoffe, daher empfiehlt sich eine Abfrage in der Datenbank Embryotox.

 Schulungsmaterialien:

www.bfarm.de/schulungsmaterial

www.pei.de/schulungsmaterial

 Datenbank Embryotox:

https://www.embryotox.de/arzneimittel/